Der "beschädigte" Hund 

Thema: Handicap

Warum soll ich einen "beschädigten" Hund adoptieren?


Viele zukünftige Adoptanten wünschen sich den perfekten Hund. In einer perfekten Welt wäre dieser Wunsch auch realistisch. Aber in so einer Welt leben wir leider nicht.


Entscheide ich mich aus diesen Grund für ein Tier vom Züchter, kann dieser Hund unter Umständen auch erkranken. Zum Beispiel an rassetypischen Krankheiten wie beim Schäferhund und Labrador die Hüftdysplasie (HD) und die Ellenbogendysplasie, beim Dackel die „Dackellähme“, ein spezieller Bandscheibenvorfall, beim Beagle können Epilepsien auftreten. Die Liste könnte ich lange weiter ausführen, ohne die Kofferraumwelpen und ihre Krankheiten zu berücksichtigen.


Übrigens sind beim Galgo keine rassetypischen Krankheiten bekannt. Ein dicker Pluspunkt.

Entscheidet man sich für einen Hund aus dem Tierschutz, möchte man hier natürlich auch den perfekten Hund mit der perfekten Farbe, der perfekten Größe, den perfekten Charakter.

Natürlich soll der Hund in mein Leben passen, es nützt nichts einen Hütehund zu retten, der dann in einem 30qm Appartement sein Dasein fristen muss.


Wer jedoch diese perfekte Vorstellung von einem Hund im Kopf hat, der sollte sich besser ein Stofftier anschaffen oder noch besser eine Patenschaft übernehmen. Denn Hunde haben, genau wie wir, ihre eigene Persönlichkeit. Ich finde es sehr schade, wenn der Mensch den Hund nach seinen Vorstellungen biegen oder züchten möchte. Grundkommandos sind in Ordnung, obwohl die meine Jungs auch nicht drauf haben, aber müssen sie bei mir auch nicht. Aber ich schweife ab ;-)


Die Hunde aus dem Tierschutz haben alle eine Vorgeschichte, manchmal weiß man sie, aber oft auch nicht. Bei den Galgos kommt es sehr oft zu Unfällen während des Jagens oder sie werden absichtlich von den Jägern verstümmelt. Verletzungen stehen also an der Tagesordnung. Der Hund leidet seit der Geburt bis zur Rettung von Tierschützern.

Nun hat der Hund also eine oder mehrere Verletzungen. Meist sind es gebrochene Beine durch die Jagd oder dem Jäger. Bissverletzungen, so tief das Sehnen und Muskeln zerstört sind. Mühselig hier jetzt alle Arten von möglichen Verletzungen aufzuzählen.

Jetzt ist das arme Seelchen endlich in Sicherheit und keiner möchte ihn haben, er ist ja beschädigt.

Ist das nicht grausam? Wieso hat gerade dieser Hund nicht das Vorrecht auf ein schönes, sicheres Zuhause. Warum werden immer seine „perfekten“ Kumpels adoptiert und er muss nach der ganzen Tortour immer noch warten?

Ich kann es nicht verstehen.


Meinem Cooper wurde „nur“ das Bein gebrochen und er hat „nur“ Arthrose.

Auf dem Video, dass uns der Tierschutzverein vor der Adoption gesendet hat, konnte man schon sehen das der arme Kerl humpelt. Ist das jetzt ein K.O.-Kriterium? Warum soll ich den humpelnden Köter adoptieren? Das kostet nachher nur einen Haufen Kohle, ne ne, der soll mal da bleiben wo er ist, da ist er doch gut aufgehoben!

Ja, das hätte ich denken können, aber ein Blick in seine Augen und das humpeln war ausgeblendet. Liebe auf den ersten Blick!


Natürlich haben wir Geld investiert um sein Leben so angenehm wie möglich zu machen, aber das hätte uns mit dem Schäferhund vom Züchter auch passieren können, nur mit dem Unterschied das wir da schon einen Haufen Kohle an dem Züchter los geworden wären um den Hund zu kaufen.

Meine Schwägerin hat bewusst einen blinden Greyhound adoptiert, die beste Entscheidung. Er ist so lieb, überhaupt nicht aufwändig in der Pflege, ein absoluter Menschenfreund. Meine Schwägerin trainiert sehr viel mit ihm. Dadurch ist er unglaublich selbstbewusst geworden, so das fremde Menschen überhaupt nicht merken das er blind ist. Er gibt so viel Liebe zurück.


Vielen Podencos werden, als Markierung für den Jäger, die Ohren beschnitten. Mal wird nur ein Stück raus geschnitten, mal das halbe Ohr abgeschnitten, also jeder Jäger hat seine eigene Markierung / Muster. So können die Jäger ihre Hundemeute unterscheiden. Na ja, jetzt ist der Hund nicht mehr symmetrisch, sieht ja doof aus. Aber was kann der Hund dafür? Das sind doch lächerliche Gründe diesem Hund nicht ein Zuhause zu bieten.


Noch lächerlicher ist die Farbauswahl, wir haben Jackson bewusst ausgewählt weil er schwarz ist, zum einen weil wir schwarze Tiere lieben, zum anderen weil schwarze Hunde nicht gerne adoptiert werden. Ihre Chancen sind viel geringer als bei allen anderen Farben. In welchen Jahrhundert leben wir? Ich möchte doch ein Tier retten und kein Ausstellungsstück für meine Wohnung kaufen.

Einen Angsthund aufzunehmen ist für viele Menschen auch undenkbar. Natürlich müssen hier besondere Voraussetzungen erfüllt werden, die in der Regel aber auch erreicht werden können. Diese Aufgabe finde ich sehr erfüllend für eine Pflegestelle. Die Pflegestelle kann diesen Hund ein neues Leben schenken, durch sie und ihre Arbeit wird der Hund auf ein „normales“ Leben vorbereitet. Man kann dem Hund das geben was ihm immer vorenthalten wurde, LIEBE, ihm zeigen das nicht alle Menschen schlecht sind.


Die Handicap Hunde haben es am schwersten. Wer will schon z.B. einen dreibeinigen Hund?

Schaut man aber etwas genauer hin, sieht man wie viel Lebensfreude diese Tiere noch haben.

Die Behinderung und die Schwierigkeiten existieren meistens nur in unseren Köpfen. Ein Hund kommt mit vielen „Behinderungen“ hervorragend zurecht.

Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit größer, das diese Hunde nicht ein so ganz langes Leben haben oder öfters zum Tierarzt müssen, aber sind sie deshalb weniger Wert?

Ich sage nein, gerade diese Tiere sind so dankbar und anhänglich, es sind wunderbare Gefährten.

Denn genau diese Hunde retten auch unsere Seele. Ist es nicht ein tolles Gefühl einem misshandelten Hund eine zweite Chance zu bieten? Für mich ist es eine Herzensangelegenheit!


Vielleicht sollten wir alle mal im Kopf aufräumen und diese Barrieren verschwinden lassen.

Gerade diese „beschädigten“ Hunde sind es wert adoptiert zu werden! Aus welchen Grund machen wir sonst Tierschutz? Bestimmt nicht um das perfekte Tier zu Hause zu haben, sondern um das Tier zu retten das es am meisten nötig hat!

Bei Tieren wird oft gesagt, das man sie doch von ihrem „Leid“ erlösen soll, weil sie blind sind oder ihre Hinterbeine nicht mehr bewegen können. Aber ernsthaft, würde man das auch zu einem blinden oder querschnittsgelähmten Menschen sagen??? Denk mal drüber nach!


Text: Heidi Bomanns